2015-03-05

Ein Tisch zu herrschen – ein Tisch zu erleuchten

Es war einmal vor langer, langer Zeit, als die meisten noch mit mechanischen Schreibmaschinen schrieben, da studierte ein junger Mann in Deutschland Theologie. Er war glücklich, von zu Hause in eine entfernte Stadt gezogen zu sein. Wie viele seiner Kommilitonen stellte er bald fest, dass Freiheit teuer ist: Miete, Essen, Semesterticket, Arbeitsmaterial, Sport, Fahrrad geklaut bekommen – alles kostet.

Möbel, erkannte er, sind eine Hausnummer für sich. Bald schon krochen die ersten Schmerzen vom klapprigen Küchenstuhl über den Rücken in die Schultern und den Kopf. Der rumpelige Küchentisch biss nicht weniger beherzt nach seinem Besitzer. Die Arbeit in die Uni zu verlegen, war ein schwieriges Unterfangen. Der Fachbereich platzte aus allen Nähten, an Arbeitsplätze für Studenten war nicht zu denken. In der Universitätsbibliothek gab es zwar ein paar wenige Möglichkeiten, aber die notwendigen Fachbücher fehlten – man las Bücher noch dort, wo sie aus dem Regel gezogen werden konnten –. So stand der Beschluss fest: Ein richtiger Schreibtischstuhl und ein echter Schreibtisch mussten her. Mit gerade genug Geld in der Tasche, um die laufenden Lebenshaltungskosten zu decken – und in vielen Monaten reichte es nicht einmal dafür wirklich – begab sich der junge Student auf die Quest nach ergonomischen Arbeitsmöbeln.


Nach sechs oder mehr Monaten mit Tränen in den Augen begab es sich, dass eine große Firma ihre Chefetage mit neuen Möbeln ausstattete und die verbrauchten Stücke an notleidende Studenten verschenkte. Die Spielregel war einfach: Wer zuerst da war und sofort »Nehme ich!« schrie, bekam den Zuschlag. Wer etwas hatte, bekam nichts Zweites, sondern nur genau dieses eine Stück. Wer überlegte und abwog, ging leer aus.

Mit Narben und um eine Ablage ergänzt
Der Schreibtisch widerte den jungen Studenten an, aber 2m*1m waren unschlagbar. Schweres Holzfurnier, Chrom, frei im Raum aufgestellt, unmöglich allein zu transportieren: unbeweglich, konservativ, langweilig. Ein Tisch zu herrschen, ein Tisch zu knechten.

Bis zuletzt prangte die Plakette seines Erschaffers an erlesener Stelle, und Maßangaben zieren die versteckten Orte am Holz. Kein Leichtbau-Systemmöbel von der Stange, sondern maßgetischlert für den Maßanzug, der hinter ihm residierte. Wieviele Angestellte hatten sich wohl schon auf der falschen Seite dieses Monstrums in die Hosen gemacht? Nun wurde er also in eine unwürdige Studentenbude gezwungen. Er wehrte sich mit all seiner Schwere und Größe gegen dieses Schicksal.

Die Jahre vergingen. Der Student und der Schreibtisch freundeten sich nie miteinander an. Lebensfreude und Kreativität prallten auf Herrschaft und Konservativität. Die beiden zogen trotzdem miteinander von Ort zu Ort, von Bude zu Wohnung zu Haus. Ungeliebt gelangte der Tisch in Abgründe, die für ihn absurd waren: Auf den Dachboden als Abstellfläche, in die Garage als Werkbank und in die Waschküche als Legetisch. Die Umzüge und die ungewohnten Arbeitsumgebungen zernarbten sein Antlitz. Ein anderer Schreibtisch, der in enge Räume besser passte, hatte ihn vor Jahren ersetzt.

Logo von lapis life: Eine lapislazuli Eule auf türkisem Hintergrund.Aus dem Studenten war ein freier Theologe geworden. Er schickte sich gerade an, lapis life, sein Atelier für Lebensfreude, zu gründen.

Der kleinere Schreibtisch war ihm von der nächsten Generation abgeschwatzt worden. Ein neuer musste her. Einer, den man auch frei im Raum aufstellen könnte ... oder an eine Wand, um Platz für eine Gedankenecke zu behalten. Der Zollstock zeigte ein bekanntes Maß an, und so abwegig es war, es gab einen Tisch, der die Kriterien erfüllte.

Dieser ging zu jenem Zeitpunkt zerlegt und ungeschützt in der Garage den Weg alles Irdischen. Ins entstehende Atelier gewuchtet, wieder zusammengesetzt, mit Möbelpolitur und Chromreiniger bearbeitet erkannte man schließlich, um was für ein Möbel es sich handelte. Das alte Unbehagen zwischen dem freien Theologen und dem konservativen Herrschertisch kehrte zurück. Die tiefen Schrammen im Furnier machten es noch schlimmer. In der anregend leuchtenden Farbenpracht von lapis life war er fremd. Andererseits war er in Individualität und Wertigkeit durchaus zu Hause. 

Bild der orangenen Decke des Ateliers, die mit Weiß von den hell-blautürkisen Wänden abesetzt ist. Ein weiß-blauer Deckenventilator sorgt für Luft und Licht.
Atelier-Decke
Bild des Schreibtischs mit einer weißen Stoffbespannung über der Arbeitsplatte
Le Bureau
Der freie Theologe hatte mit den Jahren Erfahrungen gesammelt, seiner Umgebung einen individuellen Charakter zu geben. Dies müsste doch auch mit diesem alten Monster möglich sein. Er hatte schon einen anderen Schreibtisch in einen Büro umgewandelt, indem er diesen mit Stoff bespannte. Die Farben von lapis life, der BtO-grüne Bisley, die Visitenkarten: Alle zeichneten ein Farbschema vor. Bald schon fand sich der Stoff für die Tischplatte. Aber sollte der Unterbau lackiert, furniert oder sonstwie bearbeitet werden?

Die Beziehung zwischen dem Theologen und dem Schreibtisch blieb unterkühlt. So dauerte es noch zwei, drei Jahre, bis der Durchbruch mit dem Entschluss kam, den Kasten, die Schubladen und die Blende zu folieren. Von da an dauerte es nur noch wenige Wochen, bis die Zeit reif war, den Tisch in einen Ausdruck von Kreativität und Lebensfreude umzuwandeln.


 Jetzt ist er lapis life.



Bild des Schreibtischs. Blau bespannt mit weißen Tupfen. Hellblauer Kasten. Froschgrüne Schubladen mit weißen Tupfen. Froschgrüner Bisley.
Nach 25 Jahren endlich mein Schreibtisch




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