2017-05-06

Nachgefüllt und abgeschrieben

Füllerfederhalter meets Tagung


Vor etwa 30 Jahren habe ich mich gegen Tintenpatronen entschieden. Seitdem hatte ich keine mehr im Haus. Damals wollte ich weniger Müll produzieren und fand jede weggeworfene leere Tintenpatrone zu viel entsorgten Rohstoff. Dann stellte ich fest, dass es viel mehr Tintenauswahl in Flaschen als in Patronen gibt und dass damit das Leben viel bunter sein kann.

Zuerst kam der Konverter


Da meine Haus und Hof Marke Lamy war – und immer noch ist – besorgte ich mir kurzerhand für meine Füller Konverter und konnte für kleines Geld im Nu meine Füller beliebig nachtanken. Obwohl die Lamy-Konverter Plastikkameraden sind, stehen sie den harten Arbeitsalltag ohne Probleme durch. In 30 Jahren ist mir aus allen Schreibgeräten genau ein Konverter kaputt gegangen. Natürlich kann man sich hochwertigere Materialien wünschen, aber wozu? Ich habe es nie vermisst, dass der Konverter, den ich i.d.R. eh nur sehe, wenn ich nachtanke, weder aus Kupfer, noch aus Silber oder Gold besteht. Die Funktionalität ist uneingeschränkt gut.

Dann kam der Kolbenfüller


Viele hochwertige Füller – aber nicht nur diese – setzen auf ein fest eingebautes Tanksystem. Meine Pelikane sind zuverlässige Kolbenfüller und bieten mehr Platz für Tinte als meine Konverter betriebenen Lamys. Der feste Einbau ist Segen und Fluch zugleich. Ein Fluch wird es, wenn man eine besondere Tinte verwendet hat, die wieder aus dem Füller hinaus muss oder wenn mit der Kolbenmechanik etwas nicht stimmt. Ein Segen ist die Tintenfüllmenge. Meistens genug für einen Tag an der Uni oder später im Beruf.

Darauf folgten Tagungen


Schon lange Tage an der Uni konnten mich in Schwierigkeiten bringen. Wenn ich vorher vergessen hatte, den Tintenstand zu kontrollieren oder wenn es mal sehr viel zu notieren gab, konnte ich sowohl meine Konverter- als auch meine Kolbenfüller leer schreiben. Zugegeben kam dies selten vor. Erst als ich an mehrtägigen Fortbildungen und Tagungen anfing teilzunehmen, wurde Tinte zum Flaschenhals. Eine Füllung reichte nun meistens nicht mehr.

Füller und Kugelschreiber


Zuerst hatte ich mindestens einen Kugelschreiber dabei. Jedoch habe ich noch nie gern mit Kulis geschrieben, und bei denen weiß man auch nie genau, wie lange wohl die Mine noch reicht. Es passierte mir mehr als einmal, dass ich erst den mitgenommenen Füller, dann den Kugelschreiber leer schrieb und am Ende mit Bleistift fortsetzte. Außerdem mochte ich es rein ästhetisch nicht, wenn sich zwischendrin das Schriftbild durch die unterschiedlichen Schreibgeräte veränderte. Ideal war diese Lösung nicht.

Füller und Tintenfass


Irgendwann nahm ich dann ein Tintenfass mit zu Tagungen. Dies funktionierte mehr oder weniger gut. Ich hatte immer die Horrorvorstellung, dass sich das Fass wie auch immer öffnen könnte und ich eine riesige Sauerei in meinem Koffer vorfinden würde. Es war auch nicht toll, zwischen Workshops und Vorlesungen "schnell noch einmal" nachzutanken. Ideal war diese Lösung ebenfalls nicht.

Füller und Füller


Da ich mehrere Füller nutze, habe ich mir irgendwann angewöhnt, mehrere davon mitzunehmen. Dazu musste ich jedoch vor Fortbildungen und Tagungen immer umtanken, weil ich eigentlich die verschiedenen Stifte für unterschiedliche Schreibzwecke einsetze. Während einer Tagung oder Fortbildung bediene ich aber vor allem einen Zweck. Es ist eine Lösung, aber eine, die sich nicht richtig anfühlt.

Die Rückkehr der Tintenpatrone


Die Lösung für den Flaschenhals Tinte auf langen Tagungen und Fortbildungen liegt auf der Hand: Die Tintenpatrone. Nur habe ich seit 30 Jahren keine mehr, und die Auswahl an Farben ist nach wie vor mager. Wenn ich mit meinen Lieblings-Lamys schreibe, dann kann ich nur noch unter der begrenzten Auswahl der proprietären Patronen von Lamy entscheiden. Das deckt zwar einige Farben ab, aber mit der Fülle, die ich gewöhnt bin, hat das nur noch wenig zu tun. Folglich lehnte ich es für mich ab, Patronen zu kaufen – bis ein neuer Lamy ins Haus kam. Den Al-star Pacific Blue erhielt ich mit drei Packungen passender T10 Pacific Blue Tintenpatronen. Allein um die Tinte auszuprobieren, habe ich eine der Packungen angebrochen.

Als die Patrone leer war, kam ein altes Bedenken wieder hoch: Wegwerfen? Das erscheint mir heute wie damals der falsche Weg. Das Netz kannte nach kurzer Recherche die Lösung: Die Tintenpatrone wieder nachfüllen.

Von links nach rechts: Einweghandschuhe, Lappen, 3ml Spritze mit 0,45mm Kanüle, De Atramentis Tintenfass, Materialliste zum Nachfüllen, mit Dokumententinte nachgefüllte Patrone, Heißklebepistole, original Lamy T10 Pacific Blue Patrone, Packung der Lamy Tintenpatronen

Materialliste zum Nachfüllen


  1. Eine Unterlage, die man vollsauen kann und die den Untergrund schützt, den man nicht einfärben möchte.
  2. Ein Lappen
  3. Handschuhe. Ich benutze Einweghandschuhe, weil die wenig behindern, allerdings nicht wie gedacht nur einmal, sondern solange, bis sie wirklich kaputt sind. Die Handschuhe auf dem Foto sind etwa eineinhalb Jahre alt. Die meisten Video-Blogger arbeiten ohne Handschuhe, aber ich mag es nicht, mit bunten Händen durch die Welt zu gehen.
  4. Eine leere Tintenpatrone, hier eine T10 von Lamy.
  5. Eine Glas Lieblingstinte, hier die De Atramentis Dokumententinte in Türkis.
  6. Eine kleine Spritze mit Kanüle. Zum Testen habe ich mir das Material in der Apotheke um die Ecke geholt. Die Kanüle ist scharf. Für den Dauerbetrieb werde ich mir eine andere Spritze mit stumpfer, längerer und etwas breiterer Kanüle zulegen.
  7. Eine Heißklebepistole (oder ein anderes Verschlussmaterial nach Wahl)

Wie man nachfüllt


Eigentlich ist es banal, eine Tintenpatrone nachzufüllen. Ich beschreibe trotzdem, was ich mache.

In der Regel ist eine leere Tintenpatrone nie ganz leer. Reste der Tinte sind immer vorhanden. Wenn man nicht die gleiche Tinte nachfüllt, möchte man diesen Rest zuerst entfernen, bevor man eine neue Tinte hineinfüllt. Da sich Tintenpatronen nicht einfach mit Wasser füllen lassen, nimmt man die Spritze mit Kanüle und spült damit die Patrone solange mit frischem Wasser, bis es klar ist. Zum Schluss sollte man alles Wasser aus der Patrone herausholen und diese dann trocknen lassen. Will man die gleiche Tinte wieder hineinfüllen, kann man den Reinigungsschritt überspringen.

Mit der Spritze nehme ich Tinte aus dem Tintenglas auf und fülle diese dann in die Patrone ein.

Patronen entfalten nur dann ihren großen Vorteil, wenn sie transportabel sind. Sie laufen eigentlich nicht von selbst einfach so aus. Aber sie können es, wenn man sie z.B. in der Reisetasche – oder im Schulrucksack – schüttelt. Außerdem trocknen Tinten aus, wenn sie nicht versiegelt sind. Dies ist die kniffeligste Angelegenheit der ganzen Nachfüllerei. Es gibt Leute, die schlagen die kleinsten Legosteine als Verschlusskappe vor. Andere besorgen sich Mini-Dichtkappen aus Baumärkten oder bei Drucker-Tintennachfüllstationen. Wieder andere schwören auf Paraffin oder Wachs. Silkon-Dichtmasse oder zerkleinerte Silkon-Ohrschutzknete wird ebenfalls empfohlen. Mir schien der Weg der Heißklebepistole am vertrauenswürdigsten. Wenn die Patrone voll ist, verschließe ich diese mit einem Tröpfen Heißkleber, lasse aber ein wenig überstehen. Sobald ich die Patrone einsetzen möchte, kann ich den Klebestopfen an diesem kleinen Überstand herausziehen. Ich glaube zwar, dass der Verschluss dicht und fest genug ist, dass ich die Patronen einfach so in ein Etui stecken könnte, jedoch bin ich auch ein wenig übervorsichtig, und verpacke sie in einem dicht verschließbaren Plastikbeutelchen. Die meisten Systeme wie Filofex bieten solche Zubehörtäschchen an, es ginge aber auch ein kleiner Gefrierbeutel oder Ähnliches.

Ein weiteres verschließbares Plastikbeutelchen reserviere ich für leergeschriebene Patronen, damit ich sie transportieren kann, ohne zu befürchten, dass sich die Resttinte verselbständigt.

Tipps


  1. Zumindest bei Lamy haben die Patronen einen farbigen Kopf, der die enthaltene Farbe anzeigt. Dies ist jedoch nicht nur bei Lamy der Fall. Wer verschiedene Farben im Einsatz hat, kann vorher verschiedene unterschiedliche Originalpatronen leeren – aufs Papier bringen oder in luftdichte Gläser umfüllen – und mit farbähnlichen Tinten nachtanken.
  2. Ich merke mir nicht unbedingt, welche Tinte ich in eine Patrone gefüllt habe. Im obigen Beispiel ist die De Atramentis Dokumententinte so markant, dass ich diese schon von außen nicht mit einer anderen verwechseln kann. Bei weniger markanten Tinten nutze ich einen Labeldrucker und mache mir für die Patrone ein schlankes Etikett – bei mir ist es ein 3.5mm Band –, um mich später daran erinnern zu können, was ich eingefüllt habe. Gelabelte Patronen befülle ich dann nur zur Not mit einer anderen Tinte. Lieber bleibe ich bei dem, was auf dem Label steht.

Fazit


Patronen sind Kolbenfüllern und Konvertern überlegen, wenn man lange Arbeitstage und Konferenzen mit einem Füllfederhalter komfortabel bestehen möchte. Füllt man sie mit der Lieblingstinte bzw. den Lieblingstinten nach, bekommt man das beste aus der großen weiten Tintenwelt. Vereint ist dies die idealste Lösung für reisende, tagende Füller-Enthusiasten.
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